Ausgewählte Probleme aus der Praxis
von Rechtsanwalt Dr. Dirk J. Harten
Zusätzlich zu den Fragen, die sich bei der Annahme bzw. der Ausführung eines Auftrages stellen, können in der Praxis weitere Problemfelder auftreten. Hierzu finden Sie untenstehend Informationen über die rechtlichen Rahmenbedingungen von ausgewählten Problemen der Praxis.
1. Vollständigkeit der Vertragsunterlagen
In Bearbeitung
2. In Bauverträgen vereinbarte förmliche Abnahmen
In Bearbeitung.
3. Verzug, Terminabsprachen, Aktennotizen
Um bei Bauverzügen später dokumentieren zu können, dass man selbst jedenfalls nicht alleine Schuld war, sondern auch bauseitige Probleme bestanden sind unbedingt Aktennotizen über derartige Vorkommnisse zu machen.
Kommt der Bauzeitenplan bauseits durcheinander, sind die ursprünglich im Bauvertrag vereinbarten Vertragsstrafen nicht mehr ohne weiteres gültig.
Kommt es zu Terminsüberschreitungen und müssen neue Termine vereinbart werden, sollten diese wie folgt bestätigt werden:
„Wir bedanken uns für das soeben geführte Gespräch und werden unsere Arbeiten, wie vereinbart, bis zum …. abschließen.“
Dieser Termin muss selbstverständlich eingehalten werden können. Andernfalls besteht danach zweifelsfrei Verzug mit entsprechender Schadensersatzpflicht. Alle zuvor eingetretenen Behinderungen können eine weitere Verzögerung nicht mehr rechtfertigen, da man in Kenntnis dessen den neuen Termin zugesagt hat.
Sind im Bauvertrag Fertigstellungstermine kalendermäßig bestimmt (z.B. Montagebeginn 30.06.1999, Fertigstellung 10.09.1999), bedarf es keiner Mahnung/Verzugmeldung, damit Verzug mit Ablauf des vorgesehenen Kalendertages eintritt, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Ihr Auftraggeber braucht diesen Tag nur abzuwarten. Ab diesem Zeitpunkt ist er berechtigt, Schadensersatz bzw., wenn vereinbart, Vertragsstrafe zu verlangen.
4. Aufmaß aus Gefälligkeit, Aufmaß des Kunden, fremdvergebenes Aufmaß
Aufmaße sollten grundsätzlich nicht aus Gefälligkeit gemacht werden, das Fachunternehmen gleichwohl für Aufmaß- und Abstimmungsfehler haften würde, ohne das Aufmaß bezahlt bekommen zu haben.
Wird das Aufmaß vom Kunden gemacht, sollte im Angebot/Vertrag deutlich darauf hingewiesen werden, dass für Aufmaßfehler nicht gehaftet wird. Gleiches gilt, wenn das Aufmaß im Auftrag des Auftraggebers von einem anderen Unternehmen, möglicherweise des eigenen Montagepartners gemacht wird.
5. Abrechnung eines gekündigten oder unvollendeten Bauvertrages
Ein gekündigter Bauvertrag, auch ein gekündigter Pauschalpreisvertrag ist unter Abzug der ersparten Aufwendungen abzurechnen. Hierzu gibt es zwei Möglichkeiten:
1. Es werden nur die erbrachten Leistungen abgerechnet. Dann kann es später keinen Streit über die Höhe ersparter Aufwendungen geben, es ist aber auch der entgangene Gewinn aus den nicht erbrachten Leistungen mit abgedeckt.
2. Die vertraglich vereinbarten Leistungen werden unter Abzug der separatd separat aufzuführen ersparten Aufwendungen abgerechnet. Beim Pauschalpreisvertrag muß zusätzlich eine Angleichung an die Pauschale erfolgen (siehe unten). Bei dieser Abrechnung wird auch der entgangene Gewinn aus dem nicht erbrachten Teil der Leistungen realisiert.
Eine nicht in diesen Formen erteilte Abrechnung hat zur Folge, dass die Schlusszahlung mangels prüffähiger Schlussrechnung nicht fällig ist.
Die Angleichung an die Pauschale hat in der Weise zu erfolgen, dass der Prozentsatz ermittelt werden muss, um den die ursprüngliche Angebotssumme pauschaliert wurde. Wenn die Angebotssumme EUR 5.150,– betrug und auf EUR 5.000,– pauschaliert wurde, beträgt die Pauschalierung 3%.
6. Auftragerteilende Person und Rechnungsempfänger sind nicht identisch
- Der Hauptauftrag wird von Firma A erteilt ( z.B. Generalunternehmer), Nachträge werden von Firma B erteilt (z.B. Bauherr)Wer Nachträge oder andere Aufträge erteilt, kann verbindlich nur dann für einen anderen handeln, wenn er hierzu von diesem ordentlich bevollmächtigt wurde und zu erkennen gegeben hat, dass er den Auftrag nicht für sich selbst, sondern für den anderen erteilen will.
Beispiel: Der Bauleiter/Architekt beauftragt auf der Baustelle Nachträge zu Lasten des Hauptauftraggebers (Bauherr/GU etc.).
Der Bauwerkvertrag wurde mit einem GU geschlossen, der Bauherr (Auftraggeber des GU) erteilt auf der Baustelle.
Wichtig: Auftragsbestätigung immer an denjenigen schicken, der die Rechnung später bezahlen soll und sich den Nachtrag/Auftrag von diesem quittieren lassen.
- Nach Auftragserteilung wird darum gebeten, die Rechnung auf eine dritte Person auszustellenNach Auftragserteilung kann jemand anderes als der Auftraggeber nur verpflichtet werden, eine Rechnung zu bezahlen, wenn dieser ausdrücklich erklärt hat, für die Kosten einstehen zu wollen. Bei diesem Schuldbeitritt – der Auftraggeber wird nicht aus der Haftung entlassen, sondern es tritt lediglich eine weitere Person als Schuldner hinzu – haften Auftraggeber und der neue Rechnungsempfänger gesamtschuldnerisch (jeder in voller Höhe) für die Forderung.
Wichtig: Bittet ein Auftraggeber darum, dass die Rechnung auf eine andere Person/eine andere Firma ausgestellt werden soll, muss darauf bestanden werden, dass der neue Rechnungsempfänger schriftlich bestätigt, dass er die Rechnung ausgleichen wird.
7. Den Vertragspartner und seine Zahlungsmoral anhand seiner Verträge erkennen
Ob ein Vertragspartner wirklich bereit ist, für eine ordentliche Leistung den vertraglich vereinbarten Werklohn zu zahlen, lässt sich in vielen Fällen an den Verträgen erkennen, die dieser mit einem schließen will.
Indizien für unseriöse Auftraggeber:
- Unzumutbare Zahlungsfristen (z.B. Abschlagszahlungen brauchen erst nach 30 Werktagen geleistet zu werden und können nur einmal monatlich angefordert werden
- Verlangen des Auftraggebers nach Stellung einer Vertragserfüllungs-Bürgschaft, während er selbst keine Sicherheiten zu stellen braucht. §§ 648, 648a BGB (nach Vertragsschluss zu verlangende Sicherungsbürgschaft/-hypothek) ist häufig unzulässigerweise ausgeschlossen
- Vereinbarung von überhöhten und unberechtigten Umlagen, die nichts anderes sein sollen als ein versteckter Rabatt
- Unzumutbare Abnahmevorschriften (z.B. Abnahme erfolgt erst mit oder nach der Bauherrenabnahme, Abnahme durch Ingebrauchnahme ist ausgeschlossen, Abnahmetermin ist vom Auftraggeber frei bestimmbar)
- Verlangen nicht erfüllbarer Fertigstellungstermine, u.U. bei gleichzeitigem Nichtvorliegen aller benötigten Zeichnungen und der Vereinbarung einer Vertragsstrafe
- Klausel zur Stellung der Schlussrechnung frühestens nach erfolgter Abnahme
- Unzumutbare Gewährleistungsregelungen (z.B. längere Gewährleistungsfristen als 5 Jahre BGB, Beginn der Frist nicht sofort mit erfolgter Abnahme, einseitig vom Auftraggeber nach Gutdünken zu bestimmender Abnahmetermin)
8. Bestätigung im Vergabeverhandlungsprotokoll, alle Unterlagen durchgegangen zu sein bzw. diese erhalten zu haben
Im Vergabeverhandlungsprotokoll und im Bauwerkvertrag darf nur dann bestätigt werden, alle Unterlagen (Vertragsbedingungen, Bauzeitenplan, Zeichnungen etc.) im einzelnen durchgegangen zu sein bzw. diese ausgehändigt erhalten zu haben, wenn dies auch den Tatsachen entspricht.
9. Schiedsgerichtsklauseln
In Bauverträgen vereinbarte Schiedsgerichtsklauseln versperren den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten. Schiedsgerichtsverfahren können zwar z.T. zügiger durchgeführt werden als Verfahren vor den ordentlichen Gerichten, sie sind aber in der Regel teurer und nicht anfechtbar. Rechtsmittel gegen Schiedsgerichtsentscheidungen gibt es nicht.
10. Gewährleistungsbürgschaften
Gewährleistungsbürgschaften (§ 17 Nr. 4 VOB/B) dürfen nicht befristet sein und keine Hinterlegungsklausel enthalten.
Die Klausel in Bauverträgen, wonach eine Bürgschaft zu stellen ist, in der sich der Bürge (die Bank) verpflichtet, auf „erstes Anfordern“ zu zahlen, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unwirksam.
Auch die Klausel, nach der der Auftraggeber berechtigt sein soll, für die Dauer der fünfjährigen Gewährleistungsfrist 5% der Auftragssumme als Gewährleistungssicherheit einzubehalten ist unwirksam, wenn dieser Gewährleistungseinbehalt lediglich mit einer Bankbürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden kann (BGH vom 05.06.1997, NJW 1997, S. 2598 ff.).
11. Vergütungsgefahr, § 7 Nr. 1 VOB/B, Schutz des Gewerkes vor Abnahme
Gemäß § 7 Nr. 1 VOB/B behält der Auftragnehmer vor der Abnahme seinen Vergütungsanspruch für bereits erbrachte Leistungen, wenn diese u.a. durch unabwendbare vom Auftragnehmer nicht zu vertretende Umstände beschädigt oder zerstört wurden. Die Rechtsprechung stellt strenge Anforderungen an die Annahme einer derartigen „Unabwendbarkeit“.
Die Beurteilung dessen ist einzelfallabhängig. Ein unabwendbares Ereignis liegt nicht bereits dann vor, wenn ein Dritter (z.B. ein Folgegewerk) die Bauleistung vor der Abnahme beschädigt.
Maßstab für die Schutzpflichten des Auftragnehmers aus § 4 Nr. 5 VOB/B ist, welche Vorkehrungen im Einzelfall nach der Gewerbesitte zumutbar sind. Dies ist am Ende nur von einem Sachverständigen zu klären.
12. Skonto-Vereinbarungen
Skonti dürfen nur abgezogen werden, wenn diese auch ausdrücklich vom Auftragnehmer gewährt wurden. Skonti und Gewährleistungseinbehalte bitte nicht bereits in den Schlussrechnungen von vornherein abziehen.
13. Nachbesserung durch Montagepartner, Eratzvornahme
Montagepartner müssen vor der Durchführung einer Ersatzvornahme vergeblich unter Fristsetzung aufgefordert worden sein, die von ihnen verursachten Mängel zu beseitigen (§ 13 Nr. 2 VOB/B).
14. Schriftliche Anmeldung von Bedenken
Gemäß § 4 Nr. 3 VOB/B sind Bedenken gegen die vorgesehene Ausführung, die Güte der vom Auftraggeber gelieferten Stoffe oder Bauteile oder die Leistungen anderer Unternehmer schriftlich anzuzeigen. Unterbleibt die Anzeige, haftet der Auftragnehmer für den eigentlich nicht von ihm zu vertretenden Mangel. Dies gilt auch für die Fälle, in denen der Auftragnehmer zwar keine Bedenken hatte, aber bei für ihn als Fachkundigen zumutbarer ordnungsgemäßer Prüfung hätte haben müssen.
Eine Ausnahme gilt lediglich dann, wenn der Auftraggeber selbst oder sein Vertreter (z.B. Architekt) den Mangel kannte oder die Gefahr eines Mangels erkannt hat bzw. eher als der Auftragnehmer hätte erkennen können. In diesen Fällen darf sich der Auftragnehmer auf das Fachwissen des bauleitenden Architekten oder sonstigen Fachmannes und dessen Anordnungen verlassen.
Die Mitteilung der Bedenken muss inhaltlich klar, vollständig und an den richtigen Adressaten gerichtet sein. Aus der Mitteilung sollte die Gefahr möglicher Mängel oder drohender Schäden deutlich hervorgehen.
15. Dokumentation, schriftliche Unterlagen
Alle für den Bauablauf wesentlichen Vorgänge, wie Fertigstellungsfristen, Behinderungen- und Behinderungsanzeigen, Nachtragsaufträge, Mängel, Probleme am Bau, der Bauvertrag selbst, getroffene Vereinbarungen, sollten schriftlich in der Bauakte dokumentiert und für jeden, auch den, der das Bauvorhaben selbst nicht betreut hat, ohne weiteres aufzufinden sein.
Vertragliche Vereinbarungen stets im Original in der Akte verwahren. Auch bei Ratenzahlungsvereinbarungen etc. muss das Original unterschrieben zur Akte.
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